Stell dir vor, du bist Teil eines militärischen Systems, das darauf abzielt, mehr eine Idee und Philosophie als eine konventionelle Streitkraft zu sein. Das war die Idee hinter der "Territoriale Verteidigung" (Jugoslawien), einem wichtigen Bestandteil des militärischen Apparats Jugoslawiens. Entstanden in den 1960er Jahren während des Kalten Krieges, betraf dieses System alle Bürger im Land und verteilte die waffenlose Verantwortung, das eigene zu Hause gegen potentiellen Feinde zu schützen. Es entstand aus der Überzeugung, dass nicht nur professionelle Soldaten die Verteidigung eines Staates gewährleisten können, sondern dass die Stärke einer Nation in ihren Menschen, in ihrem Einfallsreichtum und Widerstandsfähigkeit liegt.
Dieses System wurde unter der Führung von Josip Broz Tito etabliert, dem charismatischen Präsidenten Jugoslawiens, der das Land bestens zu einem unorthodoxen Neutralitätskurs führte. Das Ziel war, eine Verteidigungsorganisation zu schaffen, die inmitten von Spannungen des Kalten Krieges und der Bedrohung durch die rivalisierenden Supermächte eigenständig agieren könnte. Die rege Bürgerbeteiligung in der Territorialen Verteidigung stellte sicher, dass das Bewusstsein für die nationale Sicherheit breit in der Bevölkerung verankert war. Das bedeutete, dass Bauern, Büroangestellte, Lehrer und Künstler gleichermaßen beteiligt waren – eine Mischung, die eine größere Resilienz schaffen sollte, als es reguläre militärische Einheiten könnten.
Einfuhrung und Ausführung waren ein Zwitter aus nationaler Pflicht und patriotischem Enthusiasmus, wobei die Territoriale Verteidigung parallel zur Volksarmee implementiert wurde. Es handelte sich um eine Strategie, die auf der Erwartung fusste, dass ein dezentrales und weit verbreitetes Abwehrnetzwerk die Kosten eines Angriffs auf Jugoslawien drastisch erhöhen würde. Diese Verteidigungsstruktur reflektierte zugleich die föderative Natur des jugoslawischen Staates. Jede Teilrepublik organisierte ihre eigenen Kräfte, koordiniert von einer zentralen Regierung, was eine ausgewogene Einbindung der Multiethnizität des Landes fördern sollte.
Die Strategie der Territorialen Verteidigung war der Beziehung zwischen Bürger und Staat zutiefst verankert. Teil des Konzeptes war die Garnison-basierte Ausbildung und Ausrüstung in Städten und Dörfern, um im Falle eines Angriffs Guerillamaschinen in der staatlichen Struktur zu erzeugen. Mit der Basis in den Wäldern, Bergen und Städten Jugoslawiens präparierten sich die Bürger auf den Ernstfall – selbst unter der Aussicht, niemals tatsächlich gebraucht zu werden. Es war ein bisschen so, als würde ein Land kollektiv Krieg üben, aber mit der Hoffnung, dass diese Übung nie zur Realität werden müsste.
Allerdings war die Territoriale Verteidigung mehr als nur ein militärisches Unternehmen; sie war ein gesellschaftliches Band, welches das Bewusstsein der Menschen für gemeinsame Verantwortung in Krisenzeiten wach hielt. In diesem Sinne könnte man behaupten, dass es hierbei um weit mehr als um Einsatzbereitschaft in der Katastrophe ging – es war ein Werkzeug der sozialen Kohäsion. Indem Menschen unterschiedlicher ethnischer Herkunft an einem gemeinsamen Ziel arbeiteten, trug diese Bewegung zur Erhaltung des fragilen Gleichgewichts innerhalb eines multinationalen Staates bei.
Mit dem Zusammenbruch Jugoslawiens in den 1990er Jahren und den darauf folgenden Jugoslawienkriegen verschwand auch die Territoriale Verteidigung. Ihre Züge und das Konzept einer Volksverteidigung wurden entweder von aufstrebenden Nationalstaaten absorbiert oder ganz aufgegeben. Ihr Vermächtnis wurde dadurch jedoch nicht völlig ausgelöscht. Die Idee, dass Verteidigung eine nationale Pflicht ist, blieb fest im Gedächtnis der Menschen verankert, die sie praktizierten. Sie spiegelt sich heute in jenen modernen Initiativen wider, die fordern, dass Militär mehr zivilgesellschaftliche Komponenten umfassen sollte.
Von einem liberalen Standpunkt aus betrachtet, könnte die Territoriale Verteidigung sowohl als ein Werkzeug zur Emanzipation der Bevölkerung als auch als eine potenziell problematische Form der Militarisierung gesehen werden. Positive Stimmen loben den Einbezug der Bürger und die auf Selbstverteidigung basierende Außenpolitik, während Kritiker auf die Gefahr einer Militarisierung der Gesellschaft hinweisen – insbesondere in Zeiten von politischen und ethnischen Spannungen.
Nachdenken über die Territorialen Verteidigung Jugoslawiens wirft Fragen auf, die auch in der aktuellen Sicherheitspolitik relevant sind: Wie viel Gewicht sollen militärische Strukturen im zivilen Leben besitzen? Wie kann man eine Bevölkerung auf Bedrohungen vorbereiten, ohne die soziale Struktur zu gefährden? Und wie können wir, auch gen Z, als moderne Gesellschaften von einer solch historischen Erfahrung lernen, um Frieden und Stabilität innerhalb unserer eigenen multikulturellen Kontexte zu fördern? Die Geschichte der Territorialen Verteidigung in Jugoslawien zeigt, dass es möglich ist, Bürger zu einem integralen Bestandteil der nationalen Verteidigung zu machen, während gleichzeitig ihre Bindung zu ihrem Staat gestärkt wird, obwohl wir die Lehren aus der Vergangenheit gut abwägen müssen, um eine friedliche Zukunft gestalten zu können.