Stell dir vor, du bist ein junger Mensch, der direkt in einen politischen Strudel aus Krieg, Unterdrückung und sozialem Wandel hineingeboren wird und dennoch fest daran glaubt, die Welt besser machen zu können. Das war Stefan Doernberg. Geboren 1924 in Berlin, einer Stadt, die zu jener Zeit von politischen Spannungen geprägt war, führte Doernbergs Lebensweg ihn zu einem der bedeutendsten Antifaschisten und Historiker seiner Zeit. Doch wer war dieser Mann, der im Herzen Europas kämpfte und was trieb ihn an?
Stefan Doernberg wuchs in einer jüdischen Familie auf, die bald die Schrecken des aufkommenden Nationalsozialismus zu spüren bekam. Als jüdischer Deutscher hatte er in seiner Jugend keine Wahl, außer ins Exil zu gehen. Sein Leben wurde unweigerlich von politischen Entscheidungen dominiert, die außerhalb seiner Kontrolle lagen. Während viele in der Exilsituation resignierten, entschied sich Doernberg für den Kampf. Er trat der Kommunistischen Partei bei und widmete sein Leben dem Studium des Faschismus und der Geschichte der Arbeiterbewegung. Sein Ziel war klar: Er wollte den Faschismus bekämpfen und die Erzählungen der Verfolgten und Widerstandskämpfer bewahren.
Während des Zweiten Weltkriegs kämpfte er aufseiten der Alliierten, ein seltener Umschwung für jemanden deutscher Herkunft. Diese Entscheidung zeugte von großem Mut und unerschütterlichem Glauben an die Gerechtigkeit. Nach dem Krieg kehrte Doernberg in das nun geteilte Deutschland zurück und engagierte sich in der DDR als Historiker und Diplomat. In einer Zeit, in der viele Menschen gebrochene Lebensläufe durchlebten, entschied sich Doernberg, seine Erfahrungen zu nutzen, um Brücken zwischen Ost und West zu bauen und die Wunden der Vergangenheit zu heilen. Er arbeitete für internationale Organisationen und nutzte jeden Forum, um seine tief verwurzelten antifaschistischen Überzeugungen zu verbreiten.
Trotz seiner unermüdlichen Arbeit stieß Doernberg oft auf Widerstände. Gerade als überzeugter Anhänger des Sozialismus umgab ihn die Skepsis vieler, die aufgrund des Kalten Krieges und der Mauer einen Keil zwischen die beiden deutschen Staaten trieben. Dennoch setzte er sich unverdrossen für den Dialog zwischen den gesellschaftlichen Systemen ein. Viele sahen in ihm einen naiven Idealisten, doch seine tief verwurzelte Menschlichkeit und sein unerschütterlicher Glaube, dass Verständigung möglich ist, inspirierten viele. Sein Lebensweg war keineswegs geradlinig, sondern geprägt von der stätigen Suche nach Wahrheit und Gerechtigkeit.
Es ist wichtig, die andere Seite der Medaille zu betrachten. Kritiker werfen Doernberg vor, zu unkritisch gegenüber der DDR-Regierung gewesen zu sein, insbesondere in Anbetracht der Menschenrechtsverstöße. Die Vorstellung, dass ein Mensch so nah an einem repressiven Regime stehen könnte und dennoch prinzipientreu bleibt, ist schwer nachvollziehbar. Diese Kritiken zu ignorieren, wäre unklug. Doch um Doernbergs Motivationen zu verstehen, muss man erkennen, dass er in einer Zeit lebte, in der es kaum klare Schwarz-Weiß-Antworten gab.
Stefan Doernberg lebte und arbeitete bis ins hohe Alter, stets darauf bedacht, jungen Menschen Lektionen der Vergangenheit zu vermitteln. Seine Arbeit als Historiker hinterließ einen bleibenden Eindruck in der akademischen Welt. Er verfasste zahlreiche Publikationen, die immer noch in Forschung und Lehre genutzt werden. Sein Einfluss kann nicht nur auf den höheren Bildungseinrichtungen gespürt werden, sondern auch in den persönlichen Geschichten jener, die er im Laufe seines Lebens inspirierte.
In der heutigen politischen Landschaft, in der Grenzlinien und Differenzen wieder zunehmend an Dringlichkeit gewinnen, stellt sich die Frage, wie ein Mensch wie Stefan Doernberg wahrgenommen würde. Hätte er den jungen Menschen von heute etwas zu sagen? Zweifellos. Seine Geschichte fordert uns auf, fest an die Macht der Bildung, des Dialogs und der Menschlichkeit zu glauben. In einer Welt, die scheinbar in ständiger Bewegung ist, erinnern uns Menschen wie er daran, dass es möglich ist, auf der richtigen Seite der Geschichte zu stehen und für eine gerechtere Zukunft zu kämpfen.