Wenn es je eine Manga-Serie gab, die dich von der ersten Seite an packt, dann ist es 'MW' von Osamu Tezuka. Geschrieben in den 1970er Jahren, sind die Themen immer noch erschreckend relevant. In diesem Meisterwerk, das in Japan spielt, begegnen wir einem skrupellosen Protagonisten und einer dunklen Verschwörung. Ohne moralische Grenzen bewegt sich die Geschichte zwischen den Extremen und stellt anschaulich dar, wie weit Menschen gehen können, wenn sie von inneren Dämonen getrieben werden. Die Dramatik, die Tezuka illustriert, zwingt uns, die Abgründe der menschlichen Psyche zu hinterfragen.
MW dreht sich um die Figuren Michio Yūki und Iwao Garai, die zu einem ungleichen Duo verschmelzen. Yūki, ein gut aussehender, aber emotional beschädigter Mann, hat durch chemische Waffen seine Menschlichkeit verloren und agiert nun als erbarmungsloser Mörder. Garai hingegen ist ein Priester, der von Schuldgefühlen und erdrückender Selbstverleugnung geplagt wird. Die Handlung entfaltet sich in einer düsteren Welt, die die scheinbar heile Gesellschaft als grausame Farce entlarvt. MW ist nicht nur Gewalt, sondern eine sarkastische und unbarmherzige Analyse der menschlichen Werte und politischen Machenschaften.
Tezuka war bekannt für seine liberale Sichtweise und hat regelmäßig gesellschaftliche Missstände angeprangert, was ihn zu einem kontroversen, aber auch gefeierten Autor machte. MW ist ein Paradebeispiel für seine Fähigkeit, brisante Themen mit komplexen Charakteren zu kombinieren. Die Geschichte ist nicht nur eine fiktionale Abhandlung, sondern auch eine ernste Auseinandersetzung mit der Realität. Doch auch das andere Lager ist präsent: Gegner weisen darauf hin, dass MW eine gewisse Lust am Schockieren hatte. Für konservative Leser mag die Darstellung der systemischen Korruption übertrieben oder gar einseitig erscheinen.
Für die junge Generation, die zwischen sozialer Gerechtigkeit und digitalen Revolten balanciert, könnte MW einen Spiegel der realen Welt darstellen. Die Zerrissenheit der Charaktere und die durchdrungene Melancholie öffnen Diskussionen, die weit über die Grenzen des Mangas hinausgehen. MW motiviert uns, die dunklen Geheimnisse der Machtstrukturen zu hinterfragen und regt dazu an, über die moralischen Kompromisse nachzudenken, die moderne Gesellschaften eingehen.
Was MW so zeitlos und radial ansprechend macht, ist, dass es den Finger in die Wunde legt, ohne einfache Lösungen oder Antworten zu bieten. Es zwingt uns, auf unsere Intuition zu hören und die Konsequenzen unseres Handelns infrage zu stellen. Während MW sicherlich ein Produkt seiner Zeit ist, haben sich die Grundprobleme nicht geändert. Junge Leser, die mit einem kritischen Blick auf die Welt blicken, könnten sich in der seltsamen Resilienz der Geschichte wiederfinden, die Tezuka geschaffen hat.
Obwohl MW schon Jahrzehnte alt ist, hat es nicht an Aktualität verloren. Es ist ein Werk, das trotz seiner Brutalität und existenzialistischen Themen einen Nerv in der Gesellschaft trifft. Während das Manga zunehmend mehr Hürden in modernen Diskussionen über Zensur und Freiheit der Kunst überwindet, bleibt die Frage im Raum stehen: Soll Kunst nur unterhalten oder auch provozieren? MW zeigt nämlich beide Seiten der Medaille auf, was es zu einem der polarisierendsten Werke von Tezuka macht.
MW zwingt uns, die Feinheiten der Machtspiele und die Dunkelheit im Herzen der Menschheit zu erkennen. Es ist die verkörperte Frage danach, wie viel von unserer Menschlichkeit wir behalten können, wenn wir fortwährend von Vergeltung und persönlichen Verlusten gequält werden. Für Gen Z bietet diese aufwühlende Narration vielleicht eine Möglichkeit, sich mit den komplexen Fragen unserer Zeit anhand eines fiktiven Narrativs auseinanderzusetzen. Denn schlussendlich ist es auch eine Aufforderung, die Masken abzulegen und die Welt mit klareren Augen zu sehen.