Im Jahr 2018 brachte der renommierte Regisseur Andrea Bussmann mit dem Film Fausto ein faszinierendes Werk auf die Leinwand. Fausto entführt uns an die mystischen Küsten von Oaxaca, Mexiko und verzaubert mit seiner unvergleichlichen Verbindung aus Realität und Mythos. Die Inspiration holte sich Bussmann von der berühmten Faust-Sage, aber anstatt einer klassischen Erzählung, erwartet die Zuschauer ein filmisches Experiment, das zwischen Dokumentation und Fiktion oszilliert. Diese künstlerische Freiheit hinterlässt beim Publikum sowohl Verwirrung als auch Bewunderung.
Mit einer Laufzeit von knapp über 70 Minuten nutzt Fausto die visuelle Sprache meisterhaft, um die Zuschauer in eine Atmosphäre des Unbehagens zu ziehen, die sowohl hypnotisch als auch verstörend wirkt. Es sind diese visuellen Assoziationen, die eine intensiveres Kinoerlebnis provozieren. Der Film verwendet nicht-lineare Erzählungen und Ambiguität, um die Grenzen der klassischen Filmkunst zu überschreiten. Bussmann beschäftigt sich nicht nur mit dem oberflächlichen Narzissmus des modernen Menschen, sondern lädt uns ein, über universelle Themen wie Ambitionen, Verlust und das Streben nach Wissen nachzudenken.
Ein wesentliches Thema von Fausto ist die Suche des Menschen nach Erfüllung und deren Preis. Der Film stellt Fragen, die tief in unsere Psyche eindringen: Was sind wir bereit, zu opfern? Können Wissen und Macht uns letztlich befreien? Wenn sich mythologische Elemente mit der rauen Realität von Oaxaca vermischen, wird klar, dass Bussmann die Grenzen unserer Vorstellungskraft herausfordert. Man könnte sagen, dass der Film selbst ein „Pakt mit dem Teufel“ ist, da er uns dazu verführt, uns in eine Welt voller Rätsel und verborgener Bedeutungen zu vertiefen.
Interessanterweise zieht Fausto durch seine langsame und meditative Ernsthaftigkeit eine klare Linie zu den klassischen Kunstfilmen der 60er und 70er Jahre. Diese Stilwahl konnte bei manchen Zuschauern auf Unverständnis stoßen, da die fragmentierte Erzählweise und der Mangel an traditioneller Handlung als anspruchsvoll empfunden werden können. Dennoch eröffnet Bussmann eine Verbindung zu einem Filmgenre, das der heutigen Generation oft als „zu langsam“ oder „zu kryptisch“ gilt.
Die Erzählung ist nicht gerade dialogreich, dafür aber sprachlich kraftvoll. Die Geräusche der Umgebung und der fließende Einsatz von Musik und Klangkulisse tragen maßgeblich dazu bei, ein Gefühl der Vertrautheit und Verunsicherung zu erzeugen. Gen Z, die bekannt für ihre kritische Betrachtung und ihren Wunsch nach Einzigartigkeit im Kunstkonsum ist, mag diesen Ansatz entweder als erfrischend neuartig oder als ein verzweifeltes Festhalten an vergangener Kunst wahrnehmen. Doch genau diese Art von filmischer Erzählweise fordert uns heraus, die Erwartungen an das Kino zu überdenken.
Politisch betrachtet, könnte man argumentieren, dass Fausto auf subtile Weise auch die postkoloniale Geschichte und die Spannungen in Mexiko kommentiert. Diese Themen bleiben bewusst unausgesprochen, tragen jedoch zum Gesamtnarrativ der Filmeindrücke bei. Die Landschaft Oaxacas, magisch und geheimnisvoll, wird gleichzeitig Schauplatz für ganz reale, sozialkritische Untertöne. Es ist interessant zu beobachten, wie der Film traditionelle mexikanische Elemente mit westlicher Philosophie verbindet.
Es ist daher nicht verwunderlich, dass Fausto ein polarisierendes Werk bleibt. Natürlich könnte jemand dagegen argumentieren, dass ein solch dichter und anspruchsvoller Film nicht jeden anspricht. Die experimentelle Herangehensweise kann als hermetisch oder sogar prätentiös wahrgenommen werden. Doch gerade darin liegt Bussmanns Mut: Fausto ist kein Film für jedermann, es ist ein Kunstwerk für jene, die mehr schätzen als nur visuelle Unterhaltung.
Für die Filmkritik und das Cineastenpublikum schafft Bussmann mit Fausto eine Plattform für Diskussionen über die Tiefe und Bedeutung des Filmemachens. Es ist eine Einladung, sich mit unkonventionellen Themen auseinanderzusetzen und den persönlichen Horizont zu erweitern. Während einige das Werk als Herausforderung sehen, betrachten andere es als eine dringend notwendige Revolution im Erleben von Filmkunst. Die Fähigkeit, solch differenzierte Reaktionen hervorzurufen, spricht für das kulturelle und intellektuelle Potenzial von Fausto, das auch in Zukunft wertvolle Diskurse anregen wird.