Die zweite Staffel von "Die Umbrella Academy" ist wie eine Achterbahnfahrt ohne Sicherheitsbalken - turbulent, spannend und absolut süchtig machend. Die Serie, die am 31. Juli 2020 auf Netflix Premiere feierte, bringt die entfremdete Familie von Superhelden erneut zusammen, aber diesmal in einer anderen Zeit. Dieses Mal landen sie nach dem chaotischen Prolog von Staffel 1 im Dallas der 1960er Jahre - eine Ära voller gesellschaftlicher Umwälzungen und Wandel.
Die zweite Staffel verfolgt die sieben Hargreeves-Geschwister - Luther, Diego, Allison, Klaus, Nummer Fünf, Ben und Vanya - während sie versuchen, die Apokalypse zu verhindern, in der sie selbst die Hauptrolle spielen. Ihr Versuch, die Vergangenheit zu verändern und die Katastrophe abzuwenden, treibt sie in ein Netz aus Komplikationen, das ihren ohnehin schon komplizierten familiären Beziehungen verstärkt.
Jeder der Charaktere kämpft mit persönlichen Dämonen, die durch ihre außergewöhnlichen Fähigkeiten noch erschwert werden. Besonders im Fokus liegt die Suche nach Identität und Sinn. Gen Z-Zuschauer können sich aufgrund der authentischen Darstellung von familiären Spannungen und persönlichen Kämpfen gut mit den Charakteren identifizieren. Diese Themen sind im Kern politisch und sozial relevant, beleuchten sie doch Fragen der Zugehörigkeit und des persönlichen Wachstums in einer sich schnell ändernden Welt.
Die Serie meistert es, ernste Themen wie Rassismus, Homophobie und den Umgang mit Traumata zu behandeln, ohne in Klischees zu verfallen. Durch die Reisen der Geschwister in der Zeit werden diese Probleme in einem neuen Licht betrachtet und die Zuschauer dazu angeregt, über ihre eigene Position in der Gesellschaft nachzudenken. Obwohl die Handlung in den 60er Jahren spielt, sind viele der angesprochenen Themen unglaublich zeitgemäß.
Die zweite Staffel betont auch die Idee von Gemeinschaft und Zusammenhalt, ohne dabei existierende gesellschaftliche Spannungen zu ignorieren. Während die Geschwister oft durch ihre individuellen Herausforderungen getrennt sind, müssen sie lernen, als Team zu arbeiten, um die Welt zu retten. Diese Metapher für soziale Zusammenarbeit ist nicht nur unterhaltsam erzählt, sondern bietet auch eine relevante Lektion für die moderne Welt.
Trotz ihrer Unterschiede erkennen die Hargreeves-Geschwister, dass ihre gemeinsame Vergangenheit und ihr gemeinsames Ziel sie verbindet. Diese Lektion wird besonders durch die Entwicklung von Figuren wie Klaus und Vanya unterstrichen, die schwere persönliche Kämpfe durchstehen und dennoch eine wesentliche Rolle in der Dynamik der Gruppe spielen. Ihre Geschichten zeigen, dass Akzeptanz und Verständnis überwunden werden müssen, um als Gemeinschaft zusammenzuwachsen.
Ein faszinierender Aspekt der Staffel ist die Darstellung der rassistischen und homophoben Einstellungen jener Zeit. Die Dilemmata, mit denen sich die Geschwister konfrontiert sehen, spiegeln echte Herausforderungen wider, mit denen viele Menschen in der heutigen Welt noch zu kämpfen haben. Dies verleiht der Science-Fiction-Serie eine gewisse Glaubwürdigkeit und Tiefe, die das Publikum nachhaltig berühren kann.
Kritisch könnte man anmerken, dass "Die Umbrella Academy" manchmal mit Klischees spielt oder die Handlung zu überstürzt wirkt. Obwohl einige Zuschauer die übernatürlichen Elemente genießen, könnten andere das Tempo und die ständigen Wendungen als überwältigend empfinden. Doch gerade dieser Mix aus Action, Drama und Humor macht einen Großteil des Charmes der Serie aus.
Die Serie versteht es, die komplexe Beziehung zwischen den Geschwistern zu erkunden, während sie mit den Konsequenzen ihrer Handlungen kämpfen. Dies führt oft zu herzlichen, komischen und tragischen Momenten. Die Individualität und der Charme jedes einzelnen Charakters werden dabei nicht verloren. Jede Episode hält Überraschungen bereit, und die geniale Verwendung von Musik trägt weiter zur packenden Atmosphäre bei.
Für Fans von Superhelden-Geschichten bietet die zweite Staffel genug actionreiche Szenen und übernatürliche Wendungen. Dennoch schätzen die Zuschauer vielleicht am meisten die ehrlichen Darstellungen von menschlichen Beziehungen und persönlichen Herausforderungen. Die Serie bietet dabei eine Balance, die es schafft, sowohl emotionale Tiefe als auch unterhaltsame Komplexität zu liefern.
Etwas Besonderes ist die Liebe zum Detail, die in der gesamten Staffel erkennbar ist. Sei es der Soundtrack, der oft passend zu den emotionalen Beats der Geschichte ausgewählt wird, oder die visuell beeindruckende Umsetzung der 60er Jahre. Alles trägt dazu bei, dass die Serie nicht nur unterhaltsam, sondern auch ästhetisch befriedigend ist und visuell besticht.
Mit viel Humor, Herz und Action gelingt es "Die Umbrella Academy", eine spannende und oft berührende Geschichte zu erzählen, die weit über gewöhnliche Superhelden-Abenteuer hinausgeht. Die Serie fordert uns heraus, über die komplizierten Beziehungen in einer Familie nachzudenken, während sie uns gleichzeitig in eine aufregende Welt voller Chaos und Zusammenhalt entführt.