Das berühmte literarische Werk "Das vertikale Lächeln", geschrieben von Henry Miller im Jahre 1970, geht über bloße Lektüre zum Zeitvertreib hinaus. Diese lebhafte Schilderung des menschlichen Körpers und der Vergnügungen der Liebe in allen Formen hat seit seiner Veröffentlichung immer wieder Debatten ausgelöst. Das Buch spielt hauptsächlich in den USA und streift Themen von Freiheit und Selbsterforschung. Warum hat also ein Buch, das so provokativ und detailreich ist, weltweite Diskussionen gefördert?
Ohne die kulturellen Hintergründe und den Zeitgeist der 70er Jahre in den Vereinigten Staaten zu berücksichtigen, ist es schwierig, die Bedeutung des Werkes vollständig zu erfassen. Die Gesellschaft war mitten in sozialen Umwälzungen, geprägt von der Frauenbewegung und einem stärkeren Streben nach sexueller Befreiung. Miller schenkt unseren Intimitäten und Wünschen Gehör, was damals sowohl befreite als auch verstörte Leser ansprach. Seine tiefgründige und gleichzeitig oft kontroverse Darstellung sexueller Ausdrucksformen war jedoch nicht frei von Kritik.
Eine Generation, die durch strenge konventionelle Moralvorstellungen gefesselt war, wurde von "Das vertikale Lächeln" regelrecht aufgerüttelt. Es bot ebenjenen Unterdrückten eine Stimme und inspirierte zahlreiche Diskurse zu Sexualität und Moral. Diese künstlerische Anklage gegen Unterdrückung und die Emanzipation der Einzelnen verdienen Respekt, auch wenn sie ein gewisses Schmunzeln in konservativen Kreisen hervorrief. Es ist interessant zu beobachten, wie ein Stück Literatur mit einer scheinbar simplen Geschichte so viel über eine gesamte Gesellschaft offenlegen kann.
Gegner dieser Art von Literatur könnten auf die libertinäre Natur des Buches als problematisch hinweisen. Einige Leser fühlen sich durch die bis ins Detail gehenden Beschreibungen manchmal unangenehm gestellt oder sogar überfordert. Doch darf man bei künstlerischen Werken nicht vergessen, dass sie oft ihren Zweck genau darin erfüllen - den Leser aus der Komfortzone bewegen und zu neuen Denkansätzen veranlassen. Vielleicht lag Millers größtes Geschenk darin, dass er dachte, fühlte und schrieb, ohne sich von den Fesseln des Gewöhnlichen einschränken zu lassen.
Aber wie sieht es aus, wenn wir "Das vertikale Lächeln" aus der heutigen Perspektive betrachten? In einer Zeit, in der Netflix-Serien jeder Art und TikTok-Inhalte gleichermaßen die Aufmerksamkeit monopolisieren, scheint die Art von Frivolität, wie sie Miller beschreibt, fast unschuldig im Vergleich. Die Generationsunterschiede könnten auch hier wieder eine Rolle spielen. Gen Z, die nach einem offenen und inklusiven Diskurs strebt, sieht möglicherweise das Buch mehr als ein historisches Artefakt denn als Provokation.
Es mag also eine gewisse Ironie darin liegen, dass das Buch, welches einst solch eine emotionale Erregung hervorrief, nun als eine Art kulturelles Artefakt angesehen wird, das mehr über Vergangenheit und Fortschritt aussagt als über gegenwärtige Schocks oder Skandale. "Das vertikale Lächeln" behält jedoch seinen Platz im Pantheon jener Werke, die es wagten, frei von gesellschaftlichen Zwängen zu blicken. Vielleicht ist das ja gerade die Antwort, die wir von Kunst erwarten: Die Fähigkeit, ohne Furcht zu erstaunen und zu provozieren.