Wer unterm Sternenhimmel durch Paris schlendert und dabei den Glamour der Schuhmode vergangener Zeiten erahnt, denkt garantiert an einen Namen: Charles Jourdan. Angefangen hat alles in den 1920er Jahren, als Jourdan in Frankreich begann, Schuhe zu fertigen, die von innovativer Eleganz geprägt waren. In Romans-sur-Isère, einem charmanten Städtchen im Südosten Frankreichs, eröffnete Charles Jourdan 1921 seine erste Werkstatt. Er schuf fast im Handumdrehen eine Marke, die über Jahrzehnte Stilikonen und Modekritiker gleichermaßen verführte. Doch um wirklich zu verstehen, warum seine Schuhe so beeindruckend waren, muss man wissen: Jourdan verband Qualität mit kühnen, avantgardistischen Designs.
Charles Jourdan war nicht einfach nur ein Schuhdesigner. Er war ein Visionär, der es schaffte, damenhafte Raffinesse mit avantgardistischem Stil zu vermischen. Im Kontrast dazu, was damals als „normal“ galt, schien Jourdan immer einen Schritt weiter zu denken. Er bot nicht nur den traditionellen Handwerksqualitäten, die von französischen Schuhmachern erwartet wurden – er ging weiter, experimentierte und offenbarte der Modewelt, dass auch Accessoires avantgardistische Ansätze haben können. Ein bezeichnendes Beispiel ist die Zusammenarbeit mit Christian Dior in den 1950er Jahren, die Jourdans Einfluss massiv verstärkte.
Für die damalige Zeit eher ungewöhnlich war auch, dass Jourdan stark auf Marketing setzte. Seine Söhne führten die Geschäfte weiter und integrierten revolutionäre Werbekampagnen. Dies half, die Marke international bekannt zu machen. In den 1960er Jahren kooperierte Jourdan mit dem surrealistischen Künstler Guy Bourdin. Die Anzeigen, die aus dieser Partnerschaft hervorgingen, waren ihrer Zeit weit voraus: Fotokunst, die verstörte und zugleich faszinierte. Die Provokation, die hierbei zum Ausdruck kam, spiegelte Jourdans künstlerische Denkweise wider und sprach damit besonders die jüngeren Generationen an.
Während Charles Jourdan in den 1970er und 1980er Jahren seinen Zenit erreichte, blieben die Herausforderungen nicht aus. Die Modeindustrie ist hart umkämpft, Trends kommen und gehen. Und gegen Ende des 20. Jahrhunderts standen neue Konkurrenten bereit: Marken, die genauso guten Stil brachten, aber auch günstiger produzierten. Trotz allem blieb Jourdan seinem Markenbild treu. Die Marke stand nicht für Massenproduktion; sie stand für Exklusivität, ein Merkmal, das heutigen Fast-Fashion-Marken oft fehlt. Jourdan setzte auf Qualität, die spürbar war, wenn man seinen Fuß in einen seiner exquisiten Schuhe gleiten ließ.
Allerdings macht auch die Modewelt keine Ausnahme in einer sich wandelnden Gesellschaft. Einige kritisieren heute das hohe Preissegment und die elitäre Ausrichtung der Marke. Andere wiederum sehen Charles Jourdan als eine Fackelträger jener Zeit, die Qualität und künstlerische Vision über alles stellte. Dabei ist es wichtig zu erkennen, dass diese elitäre Ausrichtung gleichzeitig auch ein selektiver Schutz vor dem augenscheinlichen Überfluss der Fast-Fashion ist. Für viele ist der Besitz eines Charles Jourdan Schuhs heute mehr als nur ein modisches Statement. Es ist ein Bekenntnis zur Haute Couture, zur französischen Handwerkskunst, zur Tradition.
In der heutigen Zeit, die von Nachhaltigkeit geprägt wird, erscheinen Jourdans Prinzipien relevanter denn je. Qualität über Quantität lautet die Losung vieler junger Menschen, die sich gegen einen übermäßigen Konsum aussprechen. Millennials und auch Generation Z schätzen Handwerkskunst und Nachhaltigkeit mehr und mehr – ein Bereich, in den sich die älteren Tugenden von Charles Jourdan perfekt einfügen.
Was bleibt, ist die Frage nach der Zukunft einer solchen Marke. In einer Welt, die ständig in Bewegung ist, in der politische, ökonomische und soziale Fraktionen aufeinanderprallen, ist der Platz für eine Marke wie Charles Jourdan ungewiss, aber faszinierend. Es liegt nahe zu denken, dass eine Renaissance alter Werte möglich ist, wenn diese sich den Herausforderungen der Neuzeit anpassen. Vielleicht wäre das ein guter Zeitpunkt, um über eine Rückkehr zu den nachhaltigen, handgemachten Wurzeln nachzudenken, die die Marke ursprünglich so außergewöhnlich gemacht haben.
In der Welt von Charles Jourdan fand man immer auch eine Art von politischer Aussagekraft, indem Standards hinterfragt und Ästhetiken umdefiniert wurden. Eine Haltung, die auch jetzt für viele von uns Relevanz hat. Wir können viel von dieser Herangehensweise lernen: Tradition und Innovation sollten nicht als Gegensätze verstanden werden, sondern als starke Partner. Es könnte Zeit für eine Revolution der leisen, aber mächtigen Schritte sein; Schritte, die etwas Großes bewirken, ohne dabei dumpf zu klingen.