Stellen wir uns vor, ein friedliches Inselparadies wird plötzlich zu einem strategischen Mittelpunkt im Weltkrieg. Genau das geschah mit Island, als es 1940 von den Alliierten besetzt wurde. Ursprünglich bot die abgelegene Lage im Nordatlantik den Isländern Sicherheit und Neutralität inmitten der tobenden Konflikte Europas. Doch aufgrund der strategischen Bedeutung Islands im Zweiten Weltkrieg entschied sich Großbritannien am 10. Mai 1940, die Insel zu besetzen. Von da an wurde Island ein faszinierendes Puzzle im großen Kampf zwischen Mächten.
Die britische Regierung, teils in Sorge, teils in strategischer Voraussicht, befürchtete, dass Deutschland Island als Brückenkopf nutzen könnte. Das hätte Nazi-Deutschland einen unvorteilhaften Vorteil im Atlantik verschafft. Die Briten hielten es für dringlich, diesen Sektor unter Kontrolle zu bringen und damit ihrer Strategie den entscheidenden Schub zu geben – eine Sicherheitsmaßnahme, um die alliierten Versorgungsrouten zu schützen.
Für die Isländer war die Ankunft der britischen Truppen zunächst ein Schock. Die kühlen, ruhigen Gewässer ihrer Heimat hatten sich in ein ungewohntes Soldatenmeer verwandelt. Island wollte seine Neutralität bewahren, doch seine geopolitische Lage erlaubte diese Idylle nicht auf Dauer. Die Regierung Islands wurde vor vollendete Tatsachen gestellt, da die britische Besetzung ohne Vorwarnung erfolgte. Es war ein Schritt, der, obwohl friedlich von den Briten durchgeführt, nicht ohne Bedauern und internen Widerstand bei den Isländern ablief.
Mit der US-amerikanischen Unterstützung traten ab Juli 1941 amerikanische Truppen in den Vordergrund und lösten die britischen Kräfte ab. Diese Wachablösung war ein weiterer strategischer Schritt, der die transatlantische Verkehrsader zwischen den USA und den europäischen Verbündeten sicherte. Islands Freundin, Großbritannien, hatte nicht die Kapazitäten, weiterhin auf der Insel präsent zu sein. Amerika, nun auf dem Weg zur Weltmacht, übernahm diese Rolle gerne und versicherte den Isländern mehr Sicherheit und wirtschaftliche Vorteile.
Das Leben in Island veränderte sich durch die alliierte Präsenz drastisch. Die Bevölkerung übersprang fast magisch den Sprung von einem Agrar- in eine moderner ausgerichtete Gesellschaft, beeinflusst von erfahrenen Truppen und deren Technologien. Auch wirtschaftlich profitierten viele Isländer von der Besatzung, hatten sie doch nun die Möglichkeit, mit den Truppen Handel zu treiben. Die britische und später amerikanische Präsenz brachte nicht nur neue Güter, sondern auch neue Perspektiven nach Island.
Kritische Stimmen aus Island blieben nicht aus. Einige Isländer fühlten sich von den Alliierten übergangen und empfanden den Eingriff als Affront gegenüber ihrer Souveränität. Auch nachdem die Besatzungszeit vorüber war, hinterließ sie bei einigen das Gefühl, in einer Art ‚Kollateralschaden‘ der großen Kriegsmaschine verwickelt worden zu sein. Doch trotz des anfänglichen Widerstands erkannten viele Isländer langfristig die Vorteile, die ihnen die erzwungenen Modernisierungen boten.
Nach dem Krieg stieg Island aus seinen veränderten Umständen empor. Die Alliierten hinterließen eine Insel, die inzwischen besser verbunden war und deren wirtschaftliche Grundlagen entscheidende Impulse erhalten hatten. Diese Zeit revolutionärer Veränderungen markierte einen Wendepunkt für die Insel. Trotz der militärischen Anwesenheit blickten viele Isländer bald auf diese Jahre als ein Kapitel des Fortschritts und der internationalen Vernetzung zurück. Diskussionen über die Auswirkungen dieser besatzungsbedingten Modernisierung waren sowohl nüchtern als auch nostalgisch.
Island, das einst beschauliche Eiland, lernte, sich in der neuen Weltordnung zu positionieren. Der transatlantische Draht, der durch seinen Einfluss gezogen wurde, half dabei, es zu einem wichtigen Akteur auf der internationalen Bühne zu machen. Zukünftige Generationen von Isländern sahen in diesen Jahren nicht nur die Konflikte und Herausforderungen, sondern auch die Chancen, die sich aus Verbindungen, das Lernen neuer Wege und dem Austausch mit anderen Kulturen ergaben.
Was für die Alliierten ein taktischer Sieg war, wurde schließlich für Island zu einer Gelegenheit, sich zu einer widerstandsfähigen und dynamischen Nation zu entwickeln. Was einst als bedrohliche jenseitige Präsenz begonnen hatte, sparte Island letztendlich nicht nur vor den direkten Kampfhandlungen ab, sondern legte auch die Basis für seinen modernen Wohlstand. Die Geschichte der Besatzung ist komplex, gefüllt mit gegensätzlichen Ansichten und Emotionen. Doch am Ende zeigt sie, wie selbst scheinbar erzwungene Veränderungen regenerative Kräfte freisetzten, die Island in die Zukunft trugen.